Offroadreisen
„Wie bist du denn auf den Trip gekommen?“
Diese Frage stellte mir jemand der eher in 5-Sterne Hotels absteigt oder auf einer Luxuskreuzfahrt zu finden ist, als ich von meiner Vorliebe für Offroadreisen berichtet habe.
Nach einigem Nachdenken kam ich darauf. „Daktari“ die Fernsehsendungen über den afrikanischen Urwalddoktor die ich als kleiner Junge im Schwarzweiß Fernseher schauen durfte, haben mich wohl infiziert. Mit dem Jeep durch die Steppe fahren war für mich damals der Inbegriff von Freiheit.
Fahrzeuge
Vom ersten Defender über einen DAF Leyland und das Buschtaxi zum MAN TGS
Es vergingen jedoch viele Jahre in einem turbulenten Leben bis sich die Träume verwirklichen lassen konnten. Als BMW die Marke Rover übernahm kamen die ersten Land Rover Defender auf den deutschen Markt. Einige Jahre später war es dann soweit, mein erster Defender 110 stand als guter Gebrauchter auf dem Hof.

Zeit- und budgetbedingt waren für mich als Selbständiger erst mal nur Urlaube innerhalb Europas machbar. Da mein großer Hund den meisten Platz im Fahrzeug beanspruchte kam als Schlafmöglichkeit nur ein Dachzelt in Frage. Die Ausrüstung und das Gepäck waren auf der Rückbank verstaut.
Irgendwann reichte der Platz nicht mehr aus und ein passender Anhänger musste her. Damals gab es die für den Defender passenden Sankey Anhänger der britischen Armee noch recht günstig. Die Idee war aus dem Anhänger einen geschlossenen Kasten zu machen und das Dachzelt oben drauf zu montieren. Dann wäre Platz genug für alles und ich mit Hund und Fahrzeug immer noch mobil.

Nach ein paar Auf- und Abbauten im schlechten Wetter machten die Nachteile dieser Variante nur zu deutlich. Mit fortgeschrittenem Alter wuchs auch der Wunsch nach etwas Komfort und die Idee eines ausgebauten LKW nahm Formen an.
Durch einige Besuche auf der Allradmesse in Bad Kissingen sowie den damals noch stattfindenden Därr Treffen hatte ich Inspirationen genug. Nach einiger Suche fiel die Entscheidung dann auf einen DAF Leyland T244 der britischen Rheinarmee und einen GFK Shelter des belgischen Militärs. Beide wurden in stundenlanger Arbeit zu einem Offroad fähigen LKW ausgebaut und ausführlich getestet.

Nach einigen Urlauben war klar, der Komfort ist toll, das Fahrzeug für europäische Straßen und Urlaubsregionen jedoch zu unhandlich.
Es folgte die Rückbesinnung auf das Wesentliche und ein Discovery 3 mit Dachzelt und Sperrholzausbau für die Rako Boxen war mein neues Reisefahrzeug.
Nach einem Offroadcrash in Albanien, bei einem KM-Stand von 180.000 und mehreren geöffneten Airbags war klar, beim nächsten TÜV Termin ist Schluss damit.
Zu diesem Zeitpunkt erschienen in den einschlägigen Zeitschriften immer häufiger die Meldung dass das berühmte Buschtaxi, der Toyota Landcruiser HZJ78, bald nicht mehr als Diesel zu bekommen ist.
„Jetzt oder nie“ war die Devise und es kam ein HZJ78 mit Klappdach und 6.400 Km ins Haus.
Das Ausbaukonzept für die bevorzugten Reiseziele in warmen Gegenden lautete ganz einfach: Früh aus dem Bett und raus aus dem Auto, tagsüber muss alles von außen erreichbar sein und am Abend geht’s erst wieder rein zum Schlafen.
Das Ergebnis waren u.a. Hecktüren die sich um 180 Grad öffnen lassen, Stauraumklappen statt Seitenfenster usw.
FOTO
Der Ausbau hat sich bestens bewährt und ich würde es heute wieder genauso machen.
2020 brach die Corona Zeit an und die vorhandenen Reisepläne lagen erst mal auf Eis.
Doch nach dem Motto „nichts Schlechtes ohne was Gutes“ änderte sich durch das Virus auch mein Leben. Die Umsätze in meiner Selbständigkeit brachen ein und es folgte ein intensives Nachdenken über die Prioritäten im Leben.
Da ich meinen 60-igsten Geburtstag schon hinter mir hatte, ging es mir darum ein Konzept für den dritten Lebensabschnitt zu machen. In Folge geisterte eine Menge Ideen und Varianten über mögliche Lebenskonzepte durch meinen Kopf. Da die Reisemöglichkeiten zwar eingeschränkt, jedoch nicht unmöglich waren, blieb die Liste meiner Wunschziele relativ unverändert:
Marokko, Mongolei, Skandinavien, Iran, Südafrika, Panamericana u.ä.
Die spannende Frage wäre dann nur noch wann und auf welchem Weg.
Das neue Motto dann lautete dann irgendwann:
„Reisen – immer weiter, immer länger“ und die große Überschrift im Leben war „Genuss“.
Damit war das weiter erst mal ausreichend definiert. Das immer länger sollte auch nicht so schwer werden denn nachdem ich mit 14 Jahren mein Arbeitsleben begonnen hatte, stand einer künftigen, soliden Rentenzahlung nichts im Weg.
Also stellte sich die Frage nach dem passenden Fahrzeug. 15 Jahre Erfahrung mit den unterschiedlichsten Modellen und Größen sowie zahlreiche Messebesuche und Kontakte mit anderen Reisenden waren Anregungen genug. Im Laufe dieser Jahre hatte ich außerdem schon tonnenweise Zeitschriften aus der Szene zum Altpapier gebracht.
Der Komfort des LKW aus früheren Reisezeiten war mir noch sehr bewusst und bei den neuen Zielen dürfte auch Platz genug für ein großes Fahrzeug sein. Bei den Überlegungen zum Budget stellte sich dann wieder die Farge: „Woher nehmen und nicht stehlen?“.
Die klassischen Möglichkeiten wären ja Haus und Hof verkaufen, Firma veräußern, Banküberfall, Tante beerben usw. Jetzt kamen in meinem Leben ein paar glückliche Zufälle zusammen und es stand ein ausreichendes Budget für eine umfangreiche Planung zur Verfügung.
Das Pflichtenheft für dein neues Langzeitreisefahrzeug war schnell erstellt und in Folge wurden die einschlägigen Anbieter kontaktiert und besucht. Mir waren lange Erfahrung und ein guter Ruf in der Szene bei der Auswahl wichtig.
Gedanklich war ich in der Größenordnung eines IVECO Daily 4×4, Kasten oder mit Kabine, unterwegs. Den Traum eines jeden Offroaders, einen Unimog, hatte ich nach einer ausführlichen Probefahrt schnell abgelegt. Ich wollte reisen und nicht rumpeln.
Ausschlaggebend für die Auswahl war dann ein Besuch bei der Fa. Kerkamm in Elmshorn.
Der vereinbarte Besichtigungstermin sollte „eigentlich“ den Daily im Focus haben. Herr Kerkamm nahm sich jedoch wirklich einige Stunden Zeit und wir verglichen den Iveco mit einem MAN. Auf den ersten Blick scheint es ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen zu sein, doch manchmal sind es am Fahrzeug tatsächlich nur ein paar Zentimeter in den Ausmaßen die den Eindruck des großen Unterschieds machen. Die Ergebnisse des Vergleichs hatten mich erst etwas verunsichert und dann jedoch zu Gunsten des MAN überzeugt. Die Qualität des Basisfahrzeugs, der Raum- und Komfortgewinn im Inneren der Kabine hatten mich überzeugt. Als dann auch noch die Information über die Corona bedingte Fahrzeugstornierung eines anderen Kunden kam, sich dadurch meine Wartezeit drastisch reduzieren könnte, gab es kein Zurück mehr.
Kerkamm‘s eigene, langjährige Erfahrungen im Verkauf solcher Fahrzeuge, bei der Leitung entsprechender Kundenreisen sowie die Qualität bisher gefertigter Fahrzeuge sprachen für ihn.
Polsterstoffe und Holzdekor waren schnell entschieden und das Fahrzeug sollte bis Ende des Jahres 2021 fertig sein.
Es folgten noch zahlreiche E-Mails, Telefonate und ein paar Besuche im hohen Norden und zwei Tage vor Heiligabend war es dann soweit. Aus der internen Bezeichnung JK013 (Jörn Kerkamm 103. Fahrzeug) wurde mein „Dicker“. So hatte ich ihn zwischenzeitlich getauft und er bekam natürlich ein standesgemäßes Kennzeichen.